Steuerarten - Stempelabgabe


Die Einführung der Stempelabgaben im Ersten Weltkrieg

Die Erhebung von Stempelabgaben hat in der Schweiz eine lange Tradition. Die Abgaben sind in den Kantonen seit 1798 bekannt und der Bund erhebt sie seit 1917.
„Stempelabgaben“ ist heute ein Sammelbegriff für die Emissionsabgabe auf die Ausgabe von Wertpapieren, die Umsatzabgabe auf den Handel mit Wertpapieren und den Versicherungsstempel auf Versicherungsprämien. Die Zukunft einer der ältesten Steuern der Schweiz ist aber offen. Seit 2009 berät das Parlament über die parlamentarische Initiative der FDP „Stempelsteuer schrittweise abschaffen und Arbeitsplätze schaffen“.

Der Erste Weltkrieg als Triebfeder

Stempelabgaben wurden in der Zeit der Helvetik (1798-1803) nach französischem Vorbild eingeführt. Die Tagsatzung beschloss 1803, die Kompetenz zur Erhebung den Kantonen zu überlassen. Die Mehrheit der Kantone machte davon Gebrauch, doch blieb die Ausschöpfung mit rund drei Millionen Franken gering. Eine Einnahmestatistik kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges gibt die Erträge der Steuer im Kanton Bern mit 851‘000 Franken als die höchsten an. Die Pro-Kopf-Belastung durch diese Steuern war in allen Nachbarländern der Schweiz höher.

Der Bedarf an neuen Finanzquellen äusserte sich im Ersten Weltkrieg in der Neuordnung der Bundesfinanzen, in deren Rahmen nicht nur durch die Kriegssteuer, sondern auch durch die Stempelabgaben und die Tabaksteuern neue Quellen erschlossen werden sollten. Die kantonale Ausgestaltung der Verkehrssteuern – wie sie damals auch hiessen – sei „vielfach störend und beengend“ und es sei nur auf dem Wege der Bundesgesetzgebung möglich sie zu verbessern, schrieb der Bundesrat in seiner Botschaft 1916. Stempelsteuern waren schon damals alles andere als leichte Kost: „Il ne nous est pas possible d'analyser et de commenter tous ces mémoires, qui devront ètre étudiés de près par les milieux competentes“, bemerkte der Walliser Nouvelliste in einer knappen Meldung am 3. Januar 1917.

Mehreinnahmen durch den Stempel

Mit 53,2 % Ja-Stimmen sprach sich am 13. Mai 1917 eine knappe Mehrheit der Schweizer Stimmbürger für die neue Bundeskompetenz zur Erhebung dieser indirekten Steuern aus. „Es mag sein, dass die direkten Steuern beliebter sind, mit der Popularität ist noch nicht die Gerechtigkeit der Steuern gegeben“, rapportierte die NZZ aus der folgenden Debatte im Nationalrat.

Gleich zwei Männer, die in ganz anderem Zusammenhang bekannt wurden, waren an der Ausarbeitung des Gesetzes mitbeteiligt: der damals für die Finanzen zuständige Bundesrat Giuseppe Motta, der als Vorsteher des Eidg. Politischen Departements die Aussenpolitik der Schweiz in der Zwischenkriegszeit massgeblich mitprägte und der liberale Nationalrat, IKRK-Präsident und spätere Bundesrat Gustave Ador als ein zuständiger Referent im Parlament. Als eigentlicher geistiger Vater der Steuer gilt der Basler Nationalökonom Julius Landmann, der den Bundesrat auch in anderen Banken- und Finanzfragen beriet und die komplexen Verhandlungen mit der Finanzbranche über das Gesetz führte.

Bei der Einführung rechnete der Bundesrat durch den Stempel mit Mehreinnahmen von 12 Millionen Franken pro Jahr. Am 1. April 1918 trat das erste Stempelgesetz in Kraft.

Reformen nach der Einführung

Bereits drei Jahre später wurde die Couponsteuer auf Zinsen von Obligationen und Dividenden von Aktien unter abermaliger Federführung von Julius Landmann eingeführt. Im Jahre 1926 prüfte der Bundesrat die Erfassung neuer Steuerobjekte, was allerdings auf Skepsis im Parlament stiess. Dieses befürchtet, dass Stempelabgaben und die Couponsteuer zu Schrittmachern für eine direkte Bundessteuer werden.

Doch zeigt der weitere Verlauf der Geschichte der Stempelsteuern, dass Reformen nicht ausblieben: In der Wirtschaftskrise der 1930er-Jahre wurden die Abgaben auf neue Steuerobjekte ausgedehnt und die Steuersätze angehoben. Da die Zeit drängte, verzichtet das Parlament auf eine Totalrevision. Eine solche erfuhr der Stempel jedoch in der Nachkriegszeit: 1965 wurde die Couponsteuer aufgehoben und 1973 die Totalrevision vollzogen. Ziele waren eine Vereinfachung der Regeln und die Berücksichtigung der Entwicklungen in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG).

Ungewisse Zukunft

Die Kritik an der Steuer ist beinahe so alt wie die Steuer selbst und sie akzentuiert sich seit den 1980-er Jahren. Im Jahre 2004 forderte Nationalrat Gerold Bührer etwa die Beseitigung der Emissionsabgabe auf Obligationen. Zu diskutieren gibt die Höhe der Steuersätze und die Abstimmung mit ausländischem Recht. Bankenkreise fordern zu Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit die Reduktion der Abgabe oder die Abschaffung. Nachdem die Emissionsabgabe auf Fremdkapital (Obligationen) 2012 abgeschafft wurde, hat der Bundesrat im Rahmen der Unternehmenssteuerreform auch die Abschaffung dieser Abgabe auf Eigenkapital (Aktien) vorgeschlagen.